Intro-Kurzgeschichte „Ein kleiner Diebstahl“ + Design-Update

In der nächsten Regel-Inkarnation wird es eine einleitende Kurzgeschichte geben – hier könnt ihr sie vorab lesen!

Vorschau auf die Doppelseite

Die kleine Story wird nach dem Inhaltsverzeichnis, direkt bevor Pen&Paper-Rollenspiel erklärt wird, eingefügt. Sie soll ein wenig Atmosphäre einbringen und das Regelwerk selbst auflockern. Zudem soll damit aber natürlich auch ein Eindruck davon entstehen, wie eine Geschichte in XOXO aussehen könnte – und Lust machen, selbst mitzuspielen. Passenderweise folgt am Ende ein kleiner Teaser, dass man dies beim Pen&Paper-Rollenspiel kann – eine Überleitung zur Folgeseite, die das Hobby erklärt.

Stilistisch werden die beiden Seiten sich abheben, durch einen vollfarbigen Hintergrund. Für etwaige weitere kurze Geschichten würde genauso verfahren, um diese von den sachlichen Regeln, Spielhilfen und Co abzusetzen.

Apropos Stil: Es gibt nun auch einen Entwurf für das künftige Aussehen der „normalen“ Seiten. Diese bekommen ansehnliche, elegante, goldene Kopf- und Fusszeilen mit Abschnittsnennung bzw. Seitenzahl, sowie stilisierte Übergänge zwischen Texthintergrund und Bebilderung. Diese Übergänge werden sich immer etwas unterscheiden, während die goldenen Elemente sinnigerweise einheitlich bleiben.

Vorschau auf das allgemeine, neue Seiten-Design

Damit wird außerdem der ursprünglich angedachte Stil – eleganter, Gold als Fokusfarbe (siehe Logo-Schriftzug) – wieder präsenter sein. Die bisher dominanteren Farben Pink und Gelb werden aber nicht verschwinden, allerdings nicht mehr so im Vordergrund stehen. Sprich: Mehr Eleganz, weniger grell.

Das Ganze hier ist ja ein laufender Prozess der Entwicklung. Und auch wenn die Schritte dauern, es geht voran – und in diesem Jahr wird es erstmals gedruckte Playtest-Regeln geben! Nun aber zur Kurzgeschichte – hoffentlich gefällt sie euch, gebt gerne Feedback! 😉

„Ein kleiner Diebstahl“

Es würde der perfekte Diebstahl werden. Ganz sicher. Und es würde ein gerechter Diebstahl sein, denn er würde Mariah treffen und beweisen, was sie alle wussten: Mariah steckte hinter HERS, diesem Online-Account, der Jada und alle an ihrer Schule bloßstellte – und zuweilen auch erpresste.

Jada wusste zwar nicht, wer noch alles von ihr erpresst wurde, aber sie war bestimmt nicht die Einzige. Dieser sich als anonym darstellende Account veröffentlichte immer wieder Gerüchte, postete brisante als auch private Bilder und Videos, und da niemand etwas verpassen wollte … erreichte jeder Beitrag quasi ihre ganze Schule und darüber hinaus.

Natürlich ging es nur zu oft darum, sie und andere zu kompromittieren, in ein schlechtes Licht zu Rücken, ihren Ruf zu verletzen und zuweilen auch ein Leben zu zerstören. Zumindest in gewisser Weise.

In ihrem Fall besaß HERS scheinbar relativ junge Videoaufnahmen ihres Bruders, wie er einigen Leuten Drogen verkaufte. Genau das Vergehen, wegen des er bereits im Gefängnis saß. Würden solche Videos veröffentlicht werden, würde er auch sehr schnell wieder dort sein und seinen Ausbildungsplatz natürlich auch gleich mit dazu verlieren.

Jada hasste es, schon wieder in die Probleme ihres Bruders hineingezogen zu werden. Aber sie wollte fest daran glauben, dass er mit der Ausbildung einen besseren, legaleren Platz finden würde.

Und ihren Eltern wollte sie das Drama ebenso ersparen. Das letzte Mal war hart genug für sie, mehr als das. Sie hatte ihre Mutter noch nie so aufgelöst gesehen. Zumal sich in einer Kleinstadt schnell herumspricht, wenn jemandes Kind hinter Gitter wandert … erst recht, wenn die Drogen auch an die Kinder anderer Eltern aus der Nachbarschaft verkauft wurden.

Wobei man natürlich infrage stellen könnte, ob man mit 15 oder 16 noch als Kind zählt. Rechtlich eingeschränkt trifft es vielleicht eher. Aber Kind? Jada fühlte sich schon lange nicht mehr so, und ihren Freundinnen ging es genauso. Aber solche philosophischen Fragen würden warten müssen.

Zusammen mit ihren Freundinnen hatte sie einen Plan entwickelt, um HERS eine Falle zu stellen. Wenn sie nur Mariahs Smartphone in die Hände bekommen würden, würden sich garantiert alle Beweise finden lassen. Schließlich wurde auch oft etwas gepostet, wenn sie definitiv nicht an einem PC oder Notebook war.

Gut, sie selbst wurde auch schon mal dort vorgeführt – was sicher eine Täuschung war. Einfach alle waren irgendwann mal dort Thema, das sagte also gar nichts aus.

Es würde jedenfalls gut zu Mariah passen. Nicht nur war sie auffällig wenig bei HERS in den Postings, zumal sie wohl die bekannteste Schülerin ihrer Schule war. Nein, es würde ihr ähnlich sehen, auf genau so eine Weise andere zu manipulieren, zu quälen, zu schikanieren – und sich genau daran zu ergötzen. Für sie waren andere Menschen Puppen, mit denen sie spielte. Und immer unter ihrem Niveau. Das verwöhnte, arrogante Mädchen. Die vermeintliche Elite der Schule, finanziert von Daddys Geld und seinen Firmen, bei denen gefühlt die Hälfte der Stadt angestellt ist.

Es konnte also nur Mariah sein. Als wäre sie so schon nicht ätzend genug. Aber nein, als einfache Mobberin war es ihr bestimmt zu langweilig. Doch heute Nacht würden sie sie entlarven, und dann wären es alle anderen, die sich amüsieren, während sie fällt. Im übertragenen Sinne versteht sich.

Sie hatten sich in einer größeren Gruppe verschworen, um Mariahs Aufmerksamkeit zu senken. Unter den richtigen Umständen war Miss Perfekt durchaus empfänglich für alkoholische Getränke. Die sie natürlich so mixten, dass sie gut wirkten, ohne dass sie es direkt schmecken würde. Und später dann würde ein wenig Brechmittel nachhelfen, um sie für eine kurze Zeit loszuwerden. Ihre Freundin würde sie dabei stützen und aufs Klo begleiten, während sie ganz zufällig dafür sorgen würde, dass Mariahs Tasche herunterfällt. Und Jada würde sie schnell aufheben.

Sie hoffte, dass man ihr die Anspannung nicht ansah. Jeden Moment könnte es losgehen. Das Signal, dass Mariah ein besonderer Cocktail erwartete, war bereits gekommen. Jetzt musste sie nur noch trinken. Sekunden fühlten sich wie Minuten oder Stunden an. Dann, endlich, trank Mariah ihren Cocktail, und dessen Wirkung kam schlagartig.

Zur Belustigung aller erbrach sie einen kleinen Schwall über den Tisch, bevor sie zumindest darüber kurz die Kontrolle zurückerlangte und sich zur Toilette begeben wollte. Wobei das Aufstehen erst so richtig schön die Wirkung des Alkohols vor Augen führte. Glücklicherweise wurde sie direkt gestützt, auch wenn ihre Tasche dabei von ihrer Schulter glitt und auf dem Boden landete.

Fast hätte Jada ihren Einsatz verpasst, als sie die Szenerie mit einer Mischung aus Vergnügen, aber auch unerwarteter Scham beobachtete. War das wirklich okay? Sie verwarf den Gedanken und schnappte sich die Tasche. Bestimmt hatte es jemand gesehen, und allzu lang wäre Mariah auch nicht fort … nun zählte jede Sekunde.

Doch als sie die Tasche öffnete … war dort kein Smartphone. Verdammt! Mariah würde doch nie ohne das Haus verlassen. Das … konnte nicht sein! Es … durfte nicht sein! Jada wühlte panisch in der Tasche, einem Nervenzusammenbruch nahe. Zeit verging schnell oder langsam, sie wusste es nicht mehr. Dann hörte sie Mariahs Stimme.

„Du … Diebin!“ Jada drehte sich langsam um und sah in Mariahs etwas gläserne, aber auch traurige Augen. „Mariah … ich …“ Was sollte sie sagen? Das war so nicht geplant!

Mariah wirkte selbst verunsichert. „Jada … klaust du für HERS?“, fragte sie Jada. Sie erstarrte. Wenn Mariah HERS war, wieso sollte sie denken, dass Jada für HERS … oh nein. Könnte es tatsächlich sein, dass Mariah doch nicht ..?

Sie schluckte und bemühte sich, irgendwie so zu tun, als wäre sie nicht völlig verunsichert. „Mariah, nein … Blödsinn … wie kommst du darauf?“ Mariah starrte sie an, und dieser Moment fühlte sich wieder wie eine Ewigkeit an. Dann antwortete Mariah. „Ich … habe eine Nachricht von HERS bekommen, dass ich mein Smartphone verlieren würde, bevor der heutige Tag vorbei ist. Ich habe es seitdem in einem Safe.“

Konnte das stimmen? Jada war skeptisch. Ihre Gedanken rasten. Wäre es eine Lüge, wieso sollte Mariah dann ihr Smartphone nicht dabeihaben? Wenn es aber stimmt … dann wäre es nicht Mariah. Schlimmer noch. Dann hätte HERS sie gewarnt, was nur ginge, wenn HERS ihren Plan kannte, ergo eine ihrer Freundinnen … noch bevor Jada den Gedanken zu Ende führen konnte, wurde ihr mulmig und sie sackte zusammen. Das war ein Albtraum. Wem würde sie jetzt noch trauen können..?

Titelbild: MoustacheGirl (via iStock), bearbeitet durch Foxygrafie